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8 Führungsfehler und Leadership-Learnings

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Leadership zeigen, Führungsfehler vermeiden

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Führungsqualität manifestiert sich nicht nur in nackten Zahlen. Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy, in ihrem Gastbeitrag über 8 weitverbreitete Fehler und Leadership-Learnings daraus.

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1. Management by Bling-Bling

Nicht alles, was auf den ersten Blick „brillant“ aussieht, ist auch ein Diamant.

Viele schaffen es in ihrem Leben zu beträchtlichem beruflichem Erfolg. Manche heben sich allerdings von der Masse ab, weil sie nicht nur sehr kreativ, intelligent und risikobereit sind, sondern auch über scheinbar besondere Fähigkeiten verfügen und komplexe Zusammenhänge begreifen, die Normalsterblichen verborgen bleiben.

Das geht in der Regel mit – auch finanziellem – Erfolg einher. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille: Der Erfolg verleitet dazu, ein immer noch größeres Risiko einzugehen. Dabei kommt ein Momentum in Gang, das in eine Abwärtsspirale führen kann, die schließlich kaum mehr steuerbar ist.

Besonders problematisch wird das, wenn bereits Investoren mit an Bord sind, die frisches Geld ins Unternehmen gebracht haben, weil sie sich von den Erfolgen blenden haben lassen.

Leadership-Learning: Wissen, wann genug tatsächlich genug ist

Eine Fähigkeit, die auch abseits der Business-Welt zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Frage lautet: Wie kann ich verhindern, dass mich das Streben nach Erfolg blind macht, und ich den Moment übersehe, an dem sich die Abwärtsspirale zu drehen beginnt?

Führungskräfte sollten sich daher drei Dinge regelmäßig in Erinnerung rufen:

  1. Hinterfrage ich mein Tun regelmäßig und höre ich auf Menschen in meinem Umfeld, denen ich vertraue?

  2. Gehe ich auch mit Misserfolgen schonungslos transparent um und nütze ich sie gemeinsam mit meinem Team aktiv als Lernchancen?

  3. Und, wahrscheinlich am wichtigsten: Gelingt es mir manchmal auf einen weiteren Erfolg zugunsten von besserer Struktur, organischem Wachstum und mehr Kontrolle zu verzichten?

Wer alle Fragen regelmäßig mit „Ja“ beantwortet werden können, ist vor Management by Bling-Bling so gut wie gefeit.

Für Außenstehende gilt die Grundregel: Schauen Sie bei allem, was glänzt und auf den ersten Blick „brillant“ aussieht, unbedingt hinter die Kulissen, trauen Sie ihrem Bauchgefühl und verlässlichen Daten und lassen Sie die Finger von allem, wo das nicht möglich ist. Die Moral von der Geschichte: Manchmal ist ein bisschen Ovomaltine besser als viel Benko!

2. Management by Vitamin-B

Netzwerk ist gut, eigene Kontrolle besser

Der Ansatz wäre eigentlich ein wirklich guter: „The best man/woman gets the job.“ In der Realität sieht es mitunter nach wie vor anders aus – und zwar unabhängig davon, wohin man schaut: ob Politik, Wirtschaft oder Sportverein.

Dabei spricht absolut nichts dagegen, dass gute Leute aus dem Netzwerk für einen Job vorgeschlagen werden. Im Gegenteil, es handelt sich hierbei vielmehr um eine smarte Recruiting-Strategie. Wenn es allerdings darum geht, aus „Dankbarkeit“, falscher Loyalität oder persönlichem Vorteil jemandem mit einer Aufgabe zu betrauen, bei der im Vorfeld schon klar ist, dass er oder sie nur bedingt für den Job geeignet ist, dann ist das problematisch und in den seltensten Fällen gut für das Unternehmen.

Leadership-Learning: Netzwerk ist gut, aber nicht um jeden Preis

Aus dem eigenen Netzwerk zu rekrutieren hat in der Tat Vorteile: Oft sind die Vorzüge, Kompetenzen, Qualitäten aber auch die weniger guten Eigenschaften einer Person schon bekannt, das Risiko, sich für den falschen Kandidaten zu entscheiden, ist also deutlich geringer. Außerdem kann eine gewisse Nähe zum Unternehmen das Vertrauen erhöhen und die Loyalität und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.

Aber: Wenn es um klassische Postenbesetzung getreu dem Motto „eine Hand wäscht die andere“ geht, gilt in jedem Fall: Besser einen Gefallen weniger erwidert als „the worst man/woman gets the job“.

3. Management by Bonsai

Jede Initiative aus dem Team wird sofort beschnitten

Bei diesem Leadership-Fehler ist es wie mit Menschen, die am liebsten über ihre eigenen Witze lachen. Für sie gilt Regel Nummer 1: „Ich mache die besten Witze.“

So verhält es sich bisweilen auch mit Chefs: Sie halten Ideen und Initiativen von Mitarbeitern bewusst klein, interessieren sich nicht für die Meinungen anderer und erkennen Leistung nicht an. Das würde doch ihre eigne schmälern. Und sie halten Leute absichtlich klein. Besonders, wenn jemand etwas besser kann als sie selbst – das nämlich sehen sie als Machtverlust und als Bedrohung ihrer eigenen Karriere.

Leadership-Learning: Lower your ego and let others shine

Führungskräfte, die Management by Bonsai betreiben, unterliegen einem dramatischen Trugschluss: Das Gegenteil ihrer Annahme ist nämlich der Fall: Nicht nur werden Ergebnisse durch den Austausch im Team fast immer besser, die eigenen Mitarbeiter sind auch motivierter und loyaler, wenn sie die Lorbeeren für ihre eigenen Initiativen einstreichen können. Nicht zuletzt fallen die Errungenschaften des Teams wieder auf die Führungskraft zurück, weil sie den Nährboden aufbereitet, auf dem die Erfolge eingefahren werden können.

4. Management by Think-Tank

"Wer nicht mehr weiter weiß, gründet einen Arbeitskreis"

Vermutlich haben Sie es selbst schon erlebt: Nach einem stundenlangen, zermürbenden Meeting verlassen Sie es mit dem Gefühl, dass über viele Aspekte diskutiert wurde, jeder – ob er wollte oder nicht – gehört wurde, viele neue Facetten aufgepoppt sind, es aber bis zum Ende zu keiner Entscheidung gekommen ist. Außer, dass beschlossen wurde, eine Arbeitsgruppe zu gründen, um alles – noch detaillierter – weiter zu besprechen.

Zum einen handelt es sich hier um eine Methode von Führungskräften, die sehr perfektionistisch, detailverliebt und risikoscheu sind. Deshalb werden viele Personen um ihre Einschätzung gebeten – mit dem Ergebnis, dass man, nachdem viele unterschiedliche Meinungen eingeholt wurden, erst recht erst keinen Schritt weiter ist.

Andere scheuen wiederum unpopuläre Entscheidungen und wollen niemand vor den Kopf stoßen wollen. Beide Fälle sind echte Probleme, sowohl – für die Chefs, als auch die Teams.

Leadership-Learning: – Nachdenken und Entscheiden

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Dinge ausführlich und in Ruhe durchzudenken. Auch „darüber zu schlafen“, oder Kollegen um ihre Meinung zu bitten ist eine gute Idee. Entscheidend ist es aber, dass Führungskräfte eine Entscheidung treffen und in die Umsetzung kommen. In der Praxis empfiehlt es sich, Richtlinien dafür zu definieren, wenn man nicht zum gewünschten Ergebnis kommt oder sich eine Diskussion im Kreis dreht.

5. Management by PU-Schaum

"Lücke identifizieren, sich breitmachen und gleich festsetzen"

PU-Schaum ist ein echtes Multitalent. Seine Wirkungsweise ist einfach: Zuerst sehr flexibel kann er in jede Fuge eingebracht werden, dehnt sich dort aus und härtet in kurzer Zeit aus.

Interessanterweise wird diese Eigenschaft auch so mancher Führungskraft zugeschrieben: Zu Beginn charmant, kooperativ und eine echter Teamplayer, nach kurzer Zeit kommen aber die Zweifel an der Einschätzung. Die Führungskraft ist in permanentem Angriffsmodus, agiert als Einzelkämpfer und lässt keine Chance aus, sich selbst ins Zentrum zu stellen. Dabei wird gekonnt Ellbogentechnik eingesetzt.  (Macht-)Positionen werden mit aller Kraft verteidigt und Projekte anderer torpediert. Dabei bewegt sich die Führungskraft keinen Schritt aus der eigenen Komfortzone.

Leadership-Learning: Auf echte New Leaders setzen

Bei der Auswahl von Führungskräften achten viele Unternehmen im Recruiting-Prozess vor allem auf Hard Skills wie fachliche Kompetenzen, umfassende Führungserfahrung oder einschlägige Branchenkenntnisse. Dabei übersehen viele, dass neben der fachlichen Eignung vor allem zwei Aspekte wirklich wichtig sind: der Cultural Fit und die persönlichen Werthaltungen, Visionen und ein entsprechendes Growth Mindset.

Letzteres ist eines der wichtigsten Elemente von New Leadership, weil diese Führungskräfte nicht nur auf ihren eigenen und den Erfolg des Unternehmens bedacht sind, sondern es ihnen gleichzeitig auch wichtig ist, dass Menschen um sie herum sich entwickeln und ihre Stärken zum Einsatz bringen können. Ihr Ziel ist, gemeinsam zu wachsen, gemeinsam erfolgreich zu sein und die „triple bottom line“ dabei nie aus den Augen zu verlieren: People, Planet und natürlich auch Profit.

6. Management by Instagram

Was zählt ist der Moment und wie man ihn am besten für andere inszenieren kann

Social-Media-Kanäle wie Instagram sind wunderbar: Wir sehen ausschließlich glückliche Menschen, die erfolgreich, beliebt und dabei wahnsinnig gutaussehend sind. Doch die Realität sieht anders aus.

Manchen Führungskräften ist der Schein ebenfalls wichtiger als das Sein. Sie wollen nach außen die ultimative Perfektion zeigen, der Welt sagen: „Wir sind bedingungslos erfolgreich, machen keine Fehler, uns ist keine Herausforderung zu schwer.“

Dabei kann man diesen Führungskräften keine böse Absicht unterstellen, lediglich ihr Fokus auf das, was wirklich zählt, ist in Schieflage geraten. Natürlich ist es ihnen wichtig, wie es wirtschaftlich läuft. Natürlich zählt es, wie es dem Team geht. Aber noch wichtiger ist das Image bei den anderen. Auch wenn das gezeichnete Bild wenig mit dem wahren Leben zu tun hat.

Leadership-Learning: Purpose, Purpose, Purpose

Auch wenn die Begriffe „Purpose und Werte“ für manche reine Buzz-Wörter sind, mit denen Bullshit-Bingo gespielt wird, bilden sie doch das Herz jedes Unternehmens. Sie prägen die Identität und Kultur, ermöglichen eine klare Differenzierung im Wettbewerb und fördern nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern auch das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit bei allen Stakeholdern.

Deshalb sollten Purpose-orientierte Führungskräfte stets Entscheidungen treffen, die im Einklang mit dem Zweck des Unternehmens stehen. Dabei gleichzeitig sicherstellen, dass alle Aktivitäten auf das Erreichen des Ziels ausgerichtet sind. Und aufzeigen, wie die einzelnen Beiträge der Mitarbeiter zur Verwirklichung der Ziele beitragen. So schaffen sie die Basis für eine motivierende Arbeitsumgebung.

7. Management by ChatGPT

Wir stellen das Denken jetzt ab und überlassen das Feld der KI

Neue technologische Entwicklungen sind doch der Hit. Die KI schreibt Reden und Konzepte, entwickelt ausgefeilte Businesspläne, bereitet Mitarbeitergespräche individuell vor und gibt obendrein Tipps für die Praxis, wie man eine bessere Führungskraft wird. Klingt gut, oder? Ist es aber nicht.

Leadership-Learning: KI ist kein Ersatz

Mit KI verhält es sich wie mit jeder anderen neuen technologischen Entwicklung: Man muss sie dort einsetzen, wo sie einen Mehrwert liefert und wo sie im Dienste des Menschen steht – und nicht umgekehrt.

In Bereichen, in denen Standardisierung und Optimierung nötig sind, kann KI viel Gutes tun. Maschinen können strukturiert arbeiten, haben jedoch dort Grenzen, wo es um Ideen, um Innovation, um das Denken außerhalb der Norm und um menschliche Kommunikation geht. Überall dort, wo zwischenmenschliche Beziehungen, Vertrauen, oder Wertschätzung ins Spiel kommen, werden Menschen unersetzlich bleiben.

8. Management by KPI

Was zählt sind einzig Zahlen, Daten und Fakten

Gerade in unserer schnelllebigen und zunehmend digitalisierten Zeit neigen viele Führungskräfte dazu, das gesamte Unternehmen als Zahlen- und Datenmodell zu verstehen, das analytischen Gesetzmäßigkeiten folgt. Mitarbeiter werden als Ressourcen gesehen, deren Leistung über Performance-Indikatoren gemessen werden kann.

Dabei wird übersehen, dass der Beitrag eines Mitarbeiters zum Erfolg des Unternehmens nicht nur an den „billable hours“ gemessen werden kann. Dazu gehören auch Kreativität, das Entwickeln neuer Ideen oder der soziale Beitrag, den jemand leistet, damit sich alle im Team wohl und verstanden fühlen.

Eine übermäßige Fokussierung auf Zahlen, Daten und Fakten senkt die Mitarbeitermotivation. Das Team fühlt sich nicht wertgeschätzt, was wiederum die Arbeitszufriedenheit mindert. Zu den negative Folgen gehören auch Kommunikationsprobleme und ein Vertrauensverlust innerhalb des Teams. Gleichzeitig kann ein solcher Führungsstil Widerstand gegen Veränderungen fördern, da sich Mitarbeiter übergangen fühlen und weniger bereit sind, sich neuen Strategien anzupassen.

Leadership-Learning: Im Zentrum steht der Mensch

Führungskräfte benötigen als Grundlage für ihre (strategischen) Entscheidungen natürlich Zahlen, Daten und Fakten. Sie müssen aber die Bedürfnisse jedes einzelnen in ihrem Team, aber auch die gesamte Unternehmenskultur immer im Auge behalten.

WU Executive Academy

Die WU Wien, eine der weltweit führenden Business-Hochschulen, bündelt in der WU Executive Academy ihr Programmportfolio im Bereich „Executive Education“. Zu diesen zählen MBA, Master of Laws und Professional Master Programme, das Universitätsstudium Diplom BetriebswirtIn, Universitätslehrgänge, kompakte Weiterbildungsprogramme und Custom Programs. KI ist an der WU Executive Academy bereits in vielen Lehrangeboten ein wichtiger Teil der Digitalökonomie, der auch konkret angewandt wird. Mit durchschnittlich 750 Graduate Students und ca. 900 Führungskräften, Fachleuten und High-Potentials aus über 75 Ländern, die jährlich an den Programmen teilnehmen, gehört die WU Executive Academy zu den führenden Weiterbildungsanbietern in Zentral- und Osteuropa.

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